§ 266a StGB: Vorenthalten und Veruntreuen von
Arbeitsentgelt/Sozialversicherungsbeiträgen

Gemäß § 266a StGB macht sich ein Arbeitgeber strafbar, wenn der Einzugsstelle Beiträge des
Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthalten werden.


Ebenso wird bestraft, wenn über sozialversicherungsrechtliche Tatsachen unrichtige oder
unvollständige Angaben gemacht oder über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen
Angaben vorenthalten werden.

Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung.

Im Falle einer Verurteilung droht eine Verurteilung zu einer Geldstrafe oder sogar einer
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen kann eine Verurteilung zu einer
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren erfolgen.

Strafbarkeit des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses zur Zahlung der
Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet sein. Ein solches Sozialversicherungsverhältnis entsteht
mit den Beginn einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit einer Person für den Arbeitgeber.
Nicht entscheidend ist, ob diese Person durch den Arbeitgeber bei der zuständigen Stelle als Arbeitnehmer angemeldet worden ist. Das Sozialversicherungsverhältnis beginnt mit der Aufnahme
der Tätigkeit und nicht mit der Anmeldung.

Unter Beiträgen zur Sozialversicherung werden die Beiträge für Krankenversicherung,
Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung verstanden. Für selbstständig Erwerbstätige
und geringfügig Beschäftigte bestehen Ausnahmeregelungen.

Haftung des Geschäftsführers

Bei einer juristischen Person wie z.B. einer GmbH wird die Geschäftsführung gelegentlich von einer
anderen Person ausgeübt als von der Person, die im Handelsregister als Geschäftsführer
eingetragen ist. In diesem Fall wird von einem sogenannten „faktischen Geschäftsführer“
ausgegangen. Der faktische Geschäftsführer ist für die Tätigkeitsfelder der GmbH strafrechtlich
verantwortlich, auf denen er tätig ist. Unter anderem kann bei der Ausübung der Tätigkeit eines
Arbeitgebers durch einen faktischen Geschäftsführer eine Strafbarkeit gemäß § 266a StGB in
Betracht kommen.

Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit

Auch in diesem Fall kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf vertragliche
Regelungen an. Im Falle der Beauftragung z.B. von Subunternehmern, die als Selbstständige in
Dienst- oder Werkverträgen aufgeführt werden, kommt eine Strafbarkeit des Auftraggebers gemäß
§ 266a StGB in Betracht, wenn im Falle des Subunternehmers tatsächlich von einem Arbeitnehmer
ausgegangen werden muss.

Die Unterscheidung, ob eine Person Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist, erfolgt anhand
unterschiedlicher Kriterien: z.B. fehlendes eigenes unternehmerisches Risiko, Einbindung in die
Arbeitsabläufe des Auftraggebers, Abhängigkeit von Weisungen des Auftraggebers, Vereinbarung
eines Stundenlohnes oder von Urlaubsansprüchen.

Voraussetzung der Strafbarkeit

§ 266 Abs. 4 StGB: Besonders schwere Fälle

Solche besonders schweren Fällen liegen in der Regel in Fallkonstellationen vor, wenn

  1. aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthalten werden,
  2. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthalten
    werden,
  3. fortgesetzt Beiträge vorenthalten werden und zur Verschleierung der Beschäftigungsverhältnisse
    unrichtige, nachgemachten oder verfälschten Belege von Dritten verschafft werden, die diese
    gewerbsmäßig anbieten,
  4. als Mitglied einer Bande gehandelt wird,
  5. die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt wird, der seine Befugnisse/Stellung missbraucht.

Ein großes Ausmaß an vorenthaltenen Beiträgen wird ab ca. 50.000 € angenommen.

Absehen von einer Bestrafung im Falle einer Selbstanzeige

Gemäß § 266a Abs. 6 StGB kann ein Gericht von einer Bestrafung absehen, wenn ein Arbeitgeber
spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach schriftlich die Höhe der
vorenthaltenen Beiträge mitteilt und darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist,
obwohl der Arbeitgeber sich hierum ernsthaft bemüht hat.
Werden die Beiträge nachträglich innerhalb einer von der Einzugsstelle bestimmten Frist gezahlt,
erfolgt keine Bestrafung.

Vorgehensweisen der Ermittlungsbehörden

Im Rahmen von Zollkontrollen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit/illegaler Beschäftigung werden
angetroffene Personen häufig vorschnell als Arbeitnehmer eingestuft.
Bei der Beobachtung von Geschäftsräumen werden die Öffnungszeiten anhand der schriftlichen
Angaben im Eingangsbereich ermittelt. Hiervon abweichende tatsächlich geringere Öffnungszeiten
werden nicht berücksichtigt.

Anhand festgestellter Arbeitsplätze wird auf die Anzahl von Arbeitnehmern ein Rückschluss
gezogen, obwohl tatsächlich wesentlich weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden, als Arbeitsplätze
vorhanden sind.

Die Arbeitszeit von Arbeitnehmern wird hochgerechnet, tatsächliche Arbeitszeiten werden nicht
berücksichtigt.

Eine angenommene Scheinselbstständigkeit

Durch frühzeitige Einschaltung eines Strafverteidigers kann auf mögliche Fehlerquellen im
Ermittlungsverfahren hingewiesen werden. Die tatsächliche Sachlage kann mit den
Ermittlungsbehörden erörtert und z.B. eine Selbständigkeit eines Auftragnehmers nachträglich
belegt werden.

Hierdurch kann erreicht werden, dass ein Ermittlungsverfahren eingestellt wird.

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Lübeck, Az. 75 CS 722 JS 45387/20 konnte für den
Arbeitgeber ein Freispruch erstritten werden.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die seitens der Deutschen Rentenversicherung sowie des
Hauptzollamtes angenommene Anzahl an Arbeitnehmern nicht festzustellen war. Keine
Zeugenaussage führte dazu, dass festgestellt werden konnte, dass über gemeldete Stunden hinaus
weitere den Sozialversicherungsträgern nicht gemeldete Stunden gearbeitet wurden.