Das Berliner Testament – Bindungswirkung beachten

Viele Ehegatten bestimmen ihre Erbfolge in Form des „Berliner Testaments“, d. h. sie setzen
sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu „Schlusserben“ nach dem Tod des
überlebenden Ehepartners, ein. Dies kann problematisch werden, wenn der länger lebende
Ehepartner nach dem Tod des Erstversterbenden neu testieren möchte, weil seine
persönlichen Verhältnisse sich, beispielsweise durch
– eine weitere Eheschließung,
– Kinder aus einer neuen Verbindung oder
– Streit mit einem der Schlusserben
verändert haben, sodass er die mit dem Ehepartner ursprünglich vereinbarte Schlusserben-
Einsetzung verändern möchte.

Zwar gilt im deutschen Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit, d. h., der Erblasser kann
grundsätzlich frei über Erbeinsetzung und Verteilung seines Nachlasses entscheiden. Die
Testierfreiheit wird aber beschränkt, wenn sich ein Erblasser durch ein Testament mit einem
Ehepartner bereits hinsichtlich der Einsetzung der Schlusserben gebunden hat.

Der länger lebende Ehepartner hat dann nicht mehr die Möglichkeit, in einem späteren
Testament die Erbfolge zu ändern. Dies gilt immer dann, wenn die Eheleute eine sogenannte
„wechselbezügliche Verfügung“ getroffen haben, also eine Verfügung, die ein Ehegatte nicht
ohne die entsprechende Verfügung es anderen Ehegatten getroffen hätte. Dies gilt
regelmäßig dann, wenn Eheleute den länger lebenden Ehepartner zum Alleinerben und als
Schlusserben die gemeinsamen Kinder einsetzen.

Solche „wechselbezüglichen Verfügungen“ können, solange beide Eheleute leben,
einvernehmlich aufgehoben oder durch eine notariell beurkundete Erklärung, die dem
anderen übermittelt wird, auch von einem Ehegatten allein widerrufen werden. Sobald
allerdings einer der Ehegatten verstorben ist, besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Der
überlebende Ehegatte ist gehindert, später eine andere Erbeinsetzung, als im gemeinsamen
Testament bestimmt ist, vorzunehmen. Er kann seine Testierfreiheit nur dann
zurückerlangen, wenn er nach dem Tod des Erstversterbenden das Erbe ausschlägt. Die
Frist zur Ausschlagung beträgt lediglich 6 Wochen.

Wer ein gemeinschaftliches Testament errichten will, sollte sich dieser Bindungswirkung
bewusst sein und umfassend rechtlich beraten lassen. In einem Testament oder Erbvertrag
können Regelungen vorgesehen werden, die es dem länger lebenden Ehepartner
ermöglichen, unter bestimmten Bedingungen auch anderweitige oder im Umfang veränderte
Erbeinsetzungen für seinen Tod festzulegen.