Keine allgemeine Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zur ungefragten Information über seine Einkünfte (OLG Brandenburg, Beschluss v. 26.3.2020 – 15 UF 164/18)

Wenn ein Unterhaltsberechtigter einen Unterhaltstitel, der aufgrund der Veränderung der
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unrichtig geworden ist, in vorsätzlicher und
sittenwidriger Weise ausnutzt und damit den Unterhaltsverpflichteten bewusst schädigt, kann
sich ein Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB ergeben. Dies führt allerdings nicht zu einer
allgemeinen Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zur ungefragten Auskunftserteilung.
Ein Vater hatte seine in Ausbildung befindliche Tochter auf Rückzahlung von
Volljährigenunterhalt in Anspruch genommen, nachdem er erfahren hatte, dass diese
während des zunächst betriebenen Studiums Einnahmen aus Nebentätigkeit erzielt und
dann in eine Ausbildung gewechselt war, in der sie Ausbildungsvergütung erzielte. Diese
Umstände hatte die Tochter nicht ungefragt mitgeteilt.
Der Vater vertrat die Auffassung, die Tochter habe sich die Einkünfte aus Nebentätigkeiten
und später die Ausbildungsvergütung auf den Kindesunterhalt anrechnen lassen und ihn
über die Einkünfte informieren müssen. Zudem zeige die Aufnahme von Nebentätigkeiten,
dass sie ihr Studium nicht zielstrebig betrieben habe. Sowohl das Amtsgericht –
Familiengericht – als auch das OLG Brandenburg haben die Ansprüche zurückgewiesen.
Der Senat vertrat die Auffassung, dass der Vater gegenüber seiner Tochter weder einen
Anspruch auf Auskunft noch auf Rückzahlung des geleisteten Unterhalts geltend machen
könne. Auch ein deliktischer Schadenersatzanspruch lasse sich nicht herleiten.
Im Unterhaltsrecht kommt ein Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB nur dann in Betracht,
wenn der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltstitel in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise
ausgenutzt hat. Er muss den Titel genutzt haben, obwohl ihm bewusst war, dass ihm
Ansprüche nicht mehr zustehen. Eine solche bewusste Schädigungsabsicht lässt sich aus
einem Wechsel des Ausbildungsplatzes nicht herleiten. Durch einen Wechsel der Ausbildung
geht der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht verloren. Eine allgemeine Pflicht zur
ungefragten Offenbarung veränderter Verhältnisse besteht nach Auffassung des Gerichts
nicht.


Praxistipp:
Wer als Unterhaltsverpflichteter sicher sein will, dass der Unterhaltsberechtigte ihn über
Veränderungen informiert, sollte entweder regelmäßig um Auskunft bitten, ob sich die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verändert haben oder mit dem
Unterhaltsberechtigten eine Vereinbarung treffen, dass dieser ungefragt über
Veränderungen Auskunft erteilt. Es würde dann eine vertragliche Treuepflicht begründet, die
im Falle des Zuwiderhandelns auch Schadenersatzansprüche begründen könnte.